Montag, 24. Juni 2013
Strahlender Sonnenschein, tiefblauer Himmel
und recht kühl, wegen eines leichten aber beständigen Windes. Wir kommen durch Bogan Shire - 14.600 qkm
groß, 3.600 Einwohner, also mehr als 4 Quadratkilometer pro Einwohner. Das ist
ein vernünftiges Verhältnis.
In Nevertire erfahren wir, dass es in
Narrowmine einen Carwash gibt, der unseren Bedürfnissen genügt. Wir bekommen
gleich noch eine Milchflaschenkiste mit, damit ich hochsteigen kann.
Tatsächlich, es gibt besagte Waschanlage, eine Halle mit mehreren Kabinen, jede
ausgestattet mit einem Schaumbesen und einer Hochdruckdüse. Klar, das Wasser
und die Seife gibt es nicht umsonst, aber der Preis ist gerechtfertigt. Nur
kalt ist es, weil der Wind durch die vorn und hinten offenen Unterstände
pfeift. Jetzt ist der Troopie wieder wie neu - nicht ganz, die eine oder andere
Beule ist drin (nicht von uns) und eine Schramme an der Beifahrerseite vom
Befahren eines sehr schmalen Waldweges.
In Dubbo biegen wir noch vor Erreichen des
eigentlichen Ortes ab, um auf einem der örtlichen Caravan Parks einzuchecken.
Schade, sie haben keine Campingküche.
Sonntag, 23. Juni 2013
Die Gegend, in der wir uns seit gestern
Mittag bewegen, heißt "Flood Plains". Kein Wunder, denn das Land ist
bretteben und reich gesegnet mit Flüssen. Alle haben ein Ziel: den Darling
River. Wir sehen ihn in Tilpa, dem Ort mit dem nach eigener Aussage "kürzesten
Heritage Trail Australiens" und wieder in Louth, wo wir ihn auf einer
Brücke überqueren. Der DR ist 3.370 km lang, er entspringt in Queensland und
bringt über diverse Nebenflüsse, die ebenfalls aus Queensland kommen, viel
Wasser nach NSW und Victoria, denn dort mündet er ins südliche Meer. Der
Einflussbereich des DR umfasst 14% der Fläche Australiens. Das scheint mir zwar
ein bisschen hoch gegriffen, aber wirklich nur ein bisschen. Darling und Murray
zusammen bewässern den gesamten Südosten von Australien. Tilpa liegt 85 m hoch,
ist aber sicherlich mehr als 1.000 km von der Mündung des Darling entfernt.
Entsprechend träge ist der Fluss, seine Fließgeschwindigkeit ist vermutlich
kaum messbar. Wenn also aus Queensland viel Wasser kommt - was in diesem
Sommer, der Regenzeit in QLD, nicht der Fall war - dann steht die Gegend hier
für Wochen unter Wasser. Jetzt ist "nur" Wasser von Niederschlägen
auf den Straßen und Wegen. Aber wir kommen problemlos durch, nur das Auto
bekommt erneut eine Schlammpackung. Wie gut, dass ich es nicht schon in Broken
Hill sauber gemacht habe. Es war mir einfach zu kalt. Viele Gelegenheiten gibt
es allerdings jetzt auch nicht mehr.
Auf der Gravelroad zwischen unserem
Nachtlager und Bourke kommen uns vier Autos entgegen, drei davon mit einem
Caravan im Schlepp. Der Vierte wirft uns einen Stein in die Windschutzscheibe,
der dritte Tick, bad luck.
In Bourke versuchen wir, einen Car Wash zu
finden (gibt es nicht) und die Gasflasche aufzufüllen (das geht nur an
Wochentagen). Also fahren wir weiter, ab hier geht es nur noch nach Süden für
uns. Die Straße ist schnurgerade, nicht nur auf der Karte, sondern auch
"in echt". Und wieder ist T-Shirt-Wetter, zumindest so lange die
Sonne scheint - kaum zu glauben. Nach Sonnenuntergang ist es im Freien nur am
Feuer auszuhalten.
Samstag, 22. Juni 2013
Ein Campfeuer am Morgen, gleich nach dem
Aufstehen, das hat was, vor allem nach einer kalten Winternacht, denn es wärmt.
Außerdem gibt es dann angewärmtes Wasser zum Zähneputzen. Deswegen geht mein
erster Weg raus aus der Pit ins Feld, um leicht brennbares Material zu finden.
Zwei Känguru sind leicht irritiert, warum hier um diese Zeit ein Mensch
herumläuft. Und schon ist das Feuer da.
Für die 40 km bis White Cliffs brauchen wir
fast zwei Stunden, so viel ist zu sehen. Roos, Emus, Schafe, Ziegen,
gelegentlich auch Kühe und ein prächtiger Bulle. Die Känguru scheinen einfach
so zu materialisieren: Man schaut auf die Ebene und sieht Gras und niedrige
Büsche. Dann ein Roo, noch eins, ein drittes und dann sind viele da - fast alle
hoppeln weg.
Von White Cliffs aus fahren wir nicht
direkt nach Wilkania, sondern biegen ab in den Paroo-Darling-NP, "where
water shapes the country and the living" und, wie ich hinzufügen möchte,
die Straßen. Schlaglöcher und tiefe Auswaschungen quer zur Fahrtrichtung, dazu
ähnlich tiefe Spurrillen und "eierige" Reifenspuren prägen den Track
und zeigen den ewigen Kampf der Natur gegen menschliche Eingriffe und der
Autofahrer gegen den Matsch. Wer hier bei Regen oder kurz danach durchfahren
muss, der hat ein Problem. Vielleicht haben die Farmer deshalb einen
Hubschrauber neben dem Haus stehen. In der Regenzeit gibt es hier in diesem
Gebiet, flach wie ein Brett und voller kleiner Flüsse, vermutlich kein
Durchkommen. Da einzige Auto, das wir zu sehen bekommen, fährt noch langsamer
als wir, ich muss überholen. Was Wildlife betrifft, bietet dieser
Streckenabschnitt deutlich weniger, klar, die Frühstückszeit ist vorbei, die
Tiere halten ihre Mittagsruhe. Da sind sie schon, aber für uns nicht oder
wenigstens fast nicht zu sehen.
In Wilcania sieht man schon, dass Samstag
ist, alles ist wie ausgestorben. Der Ort hat seit 1876 eine Wasserversorgung.
Das Wasser wurde mit einer dampfgetriebenen Pumpe aus dem Darling in den
Wasserturm gepumpt und über Rohre in den Ort verteilt. 1909 wurde festgestellt,
dass jeder der 770 Einwohner pro Tag 108 Gallonen Wasser verbraucht hat -
irgendetwas kann da nicht stimmen, 108 Gallonen sind fast 400 l!
Nach Nordosten, Richtung Bourke, verlassen
wir den Ort und suchen uns zwei Stunden später ein Nachtlager. Das heutige ist
von der Straße etwa 1km entfernt, also nicht zu sehen und somit fast sicher
ungestört.
Freitag, 21. Juni 2013
Wir bleiben so lange in den Schlafsäcken,
bis die Sonne aufgeht. Schnell das Feuer anmachen, dann geht alles von alleine.
In Tibooburra frage ich im Roadhouse, ob
ich unseren Frischwassertank auffüllen kann: "We ran out of fresh water,
may we refill our tank?" "What kind a tank?" "In a camper
van." That's allright. Go to the other side of the hotel, there's a tab.
But ensure to clear up the gear. And don't wash your car." "Ofcourse
not." "Things happen."
Vor lauter Freude, dass das so reibungslos
geklappt hat, vergesse ich, dass wir eigentlich auch die Gasflasche füllen
lassen müssen.
Strahlender Sonnenschein den ganzen Tag,
T-Shit-Wetter - und das am Winteranfang. Später ziehe ich sogar die
(frischgewaschene) kurze Hose wieder an, die, die voraussichtlich hier in
Australien bleiben darf.
Entlang "The Cut Line" fahren wir
nach Osten. Ein Hubschrauber seht auf der Straße, ein kleiner, nur für den
Piloten. Wir steigen aus um zu fotografieren. Ein Mann steht an einem Gate,
einem Tor im Weidezaun, und kommt zu uns geschlendert. "How are
you?". Ein Trialog entwickelt sich, er heißt Dave, hat eine Farm und macht
zur Zeit gerade Mustering. Als ein Kollege mit dem Quad kommt, beenden wir das
Gespräch und fahren weiter. Mustering ist das Zusammentreiben der Rinder, um
sie zu zählen, Jungtiere zu kennzeichnen und die zu verkaufenden Tiere zu
selektieren. Das ist das harte Geschäft der Drover. Nur machen sie es
heutzutage eben mit dem Hubschrauber und dem Quad, nicht mehr mit Pferden.
Jedenfalls nicht immer und nicht überall. Es gibt sicherlich viele
Gelegenheiten, bei denen man nur zu Pferde diese Arbeiten erledigen kann.
Sowie die Sonne hinter dem Horizont
verschwindet, wird es wieder kalt.
Donnerstag, 20. Juni 2013
Heute Morgen ist es deutlich wärmer als die
letzte (Frost-)Nacht. Aber auch sechs bis sieben Grad beim Frühstück gehören
nicht zu meinem bevorzugten Temperaturen beim Camping. Aber es ist, wie es ist.
Vielleicht sind diese Temperaturen ja der Grund, warum die Camper hier in BH
besonders freundlich sind.
Das Fremdenverkehrsamt der Stadt lädt immer
donnerstags hier im Tourist Park zum "Pancake Breakfast" ein. Da
gehen wir auch hin, aber erst, nachdem wir schon "richtig"
gefrühstückt haben.
Der Himmel ist leicht bewölkt, die Sonne
kommt nicht so richtig raus. Heute ist das gut, denn wir fahren nach Norden,
der Sonne entgegen.
Wenige Kilometer nach BH beginnt die
Steppe. Bluebush, Saltbush und Mitchellgras beherrschen die Szene, ab und zu
geraten Akazienbüsche, vielleicht mannshoch, ins Blickfeld. Emus sind zu sehen
und Schafe. Sie laufen weg, wenn sie unser Auto wahrnehmen, erst gemächlich,
dann immer schneller, je näher wir kommen. Gut, wenn sie zur Seite weglaufen
und nicht in Richtung Fahrbahn. Alle (halb-) wilden Tiere in Australien - sieht
man mal von Giftschlangen ab - haben eine immens große Fluchtdistanz, vom 1 cm
kleinen Frosch bis zum 800 kg schweren Bullen. Salt- und Bluebush werden
weniger, dafür tritt das Mitchellgras mehr in Vorschein, die Schafe werden
verdrängt durch Kühe. Das Mitchellgras hat noch einige gelbe Büschel, der Rest
ist schon grau und wird bald verschwinden - morgen ist Winteranfang.
Gelegentlich sehen wir einen Streifen halbhoher River Red Gums, Anzeichen für
einen Creek, einen kleinen Fluss. Die Creeks sind fast alle trocken, aber an
der Straße sieht man deutliche Anzeichen der starken Regenfälle der letzten
Wochen: Auswaschungen in den Feldern an beiden Seiten, einst überspülte und
deshalb mit rotem Sand bedeckte "Floodways", unterspülter und dann
durchgebrochener Bitumen an vielen Stellen der Straße, immer dort, wo man auch
am Rand das Wirken des Wassers sehen kann. Und die Bankette erstrahlen in
sattem Grün: Die Samen gehen auf.
An einer Stelle eine bunt bemalte
Felsgruppe. Haben die Leute Farben dabei? Oder ist jemand extra hergefahren, um
die Natur zu verschandeln? Überhaupt ist es wirklich eine Unsitte, überall in
die Natur einzugreifen und dies als Kunst oder "was weiß ich" zu
deklarieren. Bra-Fences, T-Trees, Shoe-Trees sind aber eher eine Art, seine
nicht mehr gebrauchten Sachen zu entsorgen. Das liegt auf der gleichen Ebene
wie die unsägliche Sucht, immer und überall seine Initialen oder dümmliche
Sprüche in Steine, Bäume, Toiletten, Parkbänke einzuritzen. Aber ist unsere Art
zu reisen, aus Freude und Neugier an der Natur, nicht ein viel größerer
Eingriff?
Gedanklich nicht weit von den bemalten
Felsen entfernt ist ein hochoffiziell eingeweihtes Kunstwerk bei Fowler's Gap,
dem Fencing gewidmet. Das Einzäunen der Weiden wird seit 1850 gehandhabt und es
hat Australien nachhaltig verändert. Es hat Australien, ebenso wie den USA und
Südafrika die Freiheit genommen (so sehe ich das).
Etwa 40 km vor Tibooburra (kurz vor Cameron
Corner, aber jetzt von unten) biegen wir auf einen kleinen Pfad ab, um unser
Nachtlager aufzuschlagen. Hier kann uns niemand sehen, wenn er nicht direkt
vorbei kommt. Trockenes Holz gibt es auch zur Genüge.
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