Sonntag, 31. März 2013

Sonntag, 31. März 2013, Broome, WA



Sonntag, 31. März 2013
Happy Easter. Christ has risen. Indeed he has.

Zum Sonnenaufgang bin ich am Meer, das allerdings nicht da ist. Weites Watt, Mangroven und weit hinten Wasser. Die Sonne geht sogar zwei Mal auf, denn über dem Horizont ist eine Wolke. Neben mir findet eine Auferstehungsandacht statt, vielleicht 10 Gläubige sind um eine Predigerin geschart.
Wir fahren kurz nach acht los, zehn Minuten später sind wir an der katholischen Kirche, nein, an der Kathedrale, "Our Lady Queen of Peace Cathedral, Broome". Wir sind tatsächlich nicht die ersten, aber das sind vermutlich Mitarbeiter im weiteren Sinne. Der Gottesdienst beginnt wegen des großen Andrangs mit zehnminütiger Verspätung. Mein Aufzug, kurze Hose, Hemd und Crocs, ist nicht auffällig, die meisten Männer sind so bekleidet, die Frauen durchweg sehr schick. Direkt nach dem Eingangsgebet versammelt der Bischof die Kinder um sich, segnet sie und schickt sie dann zum Kindergottesdienst. Damit entspannt sich die Platzsituation in der Kathedrale. Der "Service", also der Gottesdienst, ist ein wenig anders als in Deutschland, doch immerhin so, dass ich ihm folgen kann. Die Predigt bezieht sich auf die vorangegangenen Tage des "Pascal Triduum" und den Blick auf das Gesamtbild. Als Aufhänger benutzt er einen Besuch im Purnululu, den er vor Jahren hatte. Die Eucharistie wird mit Oblaten, die in Wein getaucht werden, ausgeteilt, der Bischof selbst übernimmt die eine Seite.
Anschließend an den Gottesdienst ist Kirchcafé, allerdings gibt es Tee oder kaltes Wasser. Dazu ist wunderbarer, offensichtlich selbstgebackenen Kuchen angerichtet: Lammington Fingers, Lemon Biscuit und Banana Bread. Erst nach einiger Zeit spricht uns jemand an, vorher stehen wir etwas verloren herum. Wir wollen uns ja auch nicht aufdrängen. Ein Kind fragt mich, ob ich (mit Weihwasser) gesegnet werden will, eine Aboriginal sagt mir, wo ich das Weihwasser bekommen kann und bringt uns dann sogar zwei Fläschlein. Am Ende reden wir dann auch noch mit dem Pfarrer des Parish, der im Episkopat die organisatorischen Aufgaben wahrnimmt.
Nach einem Besuch in der Micro Brewery Matso fahren wir Richtung Cable Beach und suchen uns eine Unterkunft. Ausnahmsweise buchen wir gleich zwei Nächte. Dafür dürfen wir uns selbst den uns genehmen Stellplatz aussuchen.
Wäsche waschen, aufhängen (leider hat die Maschine nicht zu Ende gearbeitet, es steht noch Wasser drin, so muss ich das meiste von Hand ausspülen und auswringen. Zwei Stunden später ist dennoch fast alles trocken.
Heute ist es wirklich warm. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass die Luftfeuchtigkeit wesentlich höher ist als überall sonst, wo wir bisher waren, und wir deshalb die knapp 40 Grad als deutlich wärmer empfinden. Aber so kann es bleiben.

Samstag, 30. März 2013
 Heute ist deutlich weniger Verkehr, der Ostersamstag macht sich bemerkbar. Unterwegs fahren wir über etwa 50 km durch eine reine Grassteppe. Auf der Straße sitzen Adler, nicht einer, nicht fünf, nein, richtig viele. Wahrscheinlich sitzen sie da in Ermangelung einer anderen Möglichkeit auszuruhen. Oder sie treffen sich zum Gedankenaustausch. In Broome angekommen, steuern wir wie üblich die Visitor Information an. Wie ich mir schon gedacht habe, ist die Gibb River Road noch gesperrt und wird vermutlich erst Anfang Mai für die Öffentlichkeit freigegeben. Aber leider ist auch der Purnululu NP von der anhaltenden Wet Saison Sperre betroffen, damit können wir uns wohl auch die Bungle Bungle nicht direkt ansehen. Aber abwarten, im Falle des Purnululu NP hängt es von dem Tief ab, das nördlich von Darwin hängt und zum Zyklon auswachsen kann und davon, wo sich das schlechte Wetter hinwendet.
Kaum haben wir alle uns heute betreffenden Informationen beisammen und das Visitor Centre verlassen, rollt draußen ein anderer, weißer Landcruiser heran: Beate und Horst. Sie begrüßen uns freudig und sofort hebt ein gegenseitiges Fragen und Antworten an. Wir werden versuchen, uns am Montag hier in Broome auf einem Caravan Park bei Cable Beach zu treffen. Das heißt, dass wir am Wochenende hierbleiben und sozusagen Ruhetage einlegen.
Die Geschäfte in Chinatown haben zwar geschlossen, weil heute Samstag ist, aber dennoch gibt es eine Menge zu sehen. Deshalb sind wir auch erst gegen fünf auf einem Campingplatz. Der erste Versuch geht mal wieder schief, weil die Rezeption nicht besetzt ist. Beim zweiten Anlauf klappt es dann. Rechts und links von uns sind je eine Gruppe Franzosen.

Freitag, 29. März 2013
Karfreitag - Good Friday

Um nicht missverstanden zu werden: Nicht der Zustand des Caravan Park in Marble Bar stört mich, das kann schon sein, besonders jetzt außerhalb der Saison (Wer fährt schon an Ostern nach MB?), sondern dass sie für diesen Zustand (bei einer der beiden Duschen war der Duschkopf abgebrochen, bei der anderen war die Tür nicht zu schließen, bei den Damen sieht es ähnlich aus) erstklassige Preise nehmen, ohne Beleg.
Auf roter Sandpiste, mitten durch saftig grünen Shrubb unter blauem Himmel mit einzelnen Wolken und starkem Ostwind verlassen wir völlig unspektakulär den Shire of East Pilbara, den größten Shire der Welt. Vorher haben wir den De Grey River durchquert. Das trotz heftiger Strömung nahezu körperwarme Wasser geht mir bis zu den Knien, als ich, um mir den Weg anzusehen, den etwa zweihundert Meter breiten Fluss überquere und wieder zurückgehe. Anscheinend war meine Überlegung, dass es hier noch keine Krokodile gibt, richtig. Zwanzig Kilometer nach dem Verlassen von East Pilbara treffen wir auf den Great Northern Hwy und wiederum 51 km danach geht's nach links zum Eighty Mile Beach, wo wir heute übernachten. Der Caravan Park ist riesig und das ist auch gut so, denn so bekommen wir einen Platz. Zumindest in Queensland sind seit heute Schulferien, in einer Woche folgen die NT und am 19. 4. WA. Außerdem ist ja ein langes Wochenende. Diese Ferien sind für viele Australier die letzte Gelegenheit, die Campingausrüstung vor dem Einmotten noch mal zu benutzen und für den Winter Sonne zu tanken. Denn jetzt kommt ja bald der Winter…
Durch den "Shortcut" quer durch das Land sind wir schon so früh an unserem Ziel, dass wir einen ausführlichen Spaziergang am Strand entlang machen können. Hier an der Nordwestküste hat die Tide den höchsten Ausschlag, bis zu 10 m Unterschied zwischen Ebbe und Flut sind zu verzeichnen. In Perth, Hamelin Pool, Coral Bay und Exmouth, also an der Westküste, waren es z. B. nur rund 60 cm. Und wie es so üblich ist, gemäß Murphy's Law, ist gerade ablaufendes Wasser, da ist das Schwimmen nicht so angesagt. Der Strand ist voller Muschelschalen und Schneckenhäuser. Sogar Silberdollar (eine kreisrunde Muschelart mit feiner Zeichnung) finden sich hier in Massen.

Donnerstag, 28. März 2013
Gründonnerstag.
Ein wenig vermisse ich die Passionsandachten und die Klimax der Gottesdienste an Ostern von Gründonnerstag über Karfreitag und die Osternacht bis zum Auferstehungsgottesdienst am Ostersonntag. Aber ich kann nicht alles haben. Vielleicht sind wir an Sonntag in der Nähe einer Kirche.
In Newman erfahre ich ein bisschen was über BHP Billiton und den Eisenerzabbau hier. In Newman ist die größte Tagebaumine für Eisenerz in der Welt. Das muss noch nicht viel heißen, denn Eisenerz wird normalerweise untertage abgebaut. Aber die Mine hier übertrifft in ihren Ausmaßen die Super Pit in Kalgoorlie - und das will etwas heißen. BHP Billion baut das Eisenerz hier ab, lässt es mit der Eisenbahn nach Port Hedland bringen und dort auf riesige Frachter verladen. Port Hedland hat einen Tiefwasserhafen, so können dort auch Giganten an den eigens errichteten Jettys anlegen. Der neuste Erzfrachter hat ein Fassungsvermögen von 300.000 to, die kleineren schaffen immerhin auch 250.000 to! BHP erwirtschaftet in Newman einen Jahresgewinn von 15,4 Mrd $ (etwa 11 Mrd €) vor Steuern,die weitgehend reinvestiert werden in Wiederherstellung der Umwelt und bessere und vor allem sauberere Abbaumethoden.
Während der Fahrten durch diese immer wieder neue und immer schöne Landschaft - heute ist es die ganze Zeit über grün, das erwartet man in Australien nicht, und wenn schon, dann nicht in diesem Maß - mache ich mir immer wieder "mental notes". Doch am Abend kann ich sie nicht mehr finden. Die gleiche Feststellung hae ich bereits 2006 bei meiner Pilgerschaft gemacht. Ist das schon beginnende Demenz? Oder ist das normal?
Ein paar Zeilen zu unserm rollenden Zuhause. Der Toyota Landcruiser ist wohl das in Australien häufigste Fahrzeug. Aber es gibt ihn in mindestens 100 verschiedenen Variationen. Unserer ist kategorisiert als "3 seater light truck", also als 3-sitziger kleiner Lastwagen. Solche Fahrzeuge werden i. A. als Krankenwagen und von der Armee (allerdings in der fünf-türigen Variante mit drei Sitzbänken) gefahren. Unserer wird angetrieben von einem dieselgetriebenen Achtzylinder V-Motor mit  4,5 l Hubraum und doppeltem Turbolader. Die PS-Zahl weiß ich nicht, darüber spricht man nicht, man hat sie. Auf jeden Fall hat er unendlich Drehmoment. Die Motoren halten erfahrungsgemäß mehr als 500.000 km, also ist es kein Problem, auch einen mit mehr Kilometern auf dem Buckel zu erwerben. Um den Durst dieses Kraftpakets stillen zu können, hat der Wagen zwei Tanks mit je 90 l Fassungsvermögen. Das gibt uns eine Reichweite von, je nach Fahrweise und Wegstrecke, 1.200 (offizielle Angabe) bis 1.800 Kilometern. Auf Asphalt (und gutem Schotter) braucht er bei 80 km/h rund 10 l auf 100 km, bei 110 km/h - mehr ist nur in Teilen von NT erlaubt - schon etwa 13 l und im tiefen Sand oder bei sehr schwerem Gelände (oder wenn man jemanden abschleppt ;-)) kommt man gerne auf einen Verbrauch von 20 l pro 100 km. Des Weiteren ist ein Frischwassertank eingebaut, der 45 l fasst. Dieser Tank wird auf Campingplätzen mit Leitungswasser gefüllt, entsprechend schmeckt das Wasser (und damit der Tee) später mehr oder weniger stark nach Desinfektionsmitteln. Wir füllen den Tank daher erst dann, wenn wir auf dem Platz bereits Tee gekocht und das Wasser für gut befunden haben, es sei denn, wir haben den Tank entleert. Vorne unter der Stoßstange hängt eine  4-Tonnen-Winsch, mit deren Hilfe können wir uns notfalls aus dem Dreck ziehen, wenn alles andere versagt. Die Kabel-Fernbedienung reicht bis zum Fahrersitz. Das Auto ist mit einer zweiten Batterie ausgestattet, aus der Strom für die Kabinenbeleuchtung, die Kühlbox und eventuell weitere Verbraucher entnommen wird. Beide Batterien werden bei der Fahrt von der Lichtmaschine geladen. Wenn wir das Auto ans Stromnetz anschließen, wird die Kühlbox automatisch mit den 220 V betrieben.
 In der Kabine ist ein Fahrersitz und links daneben eine Bank, auf der zur Not zwei schmale Personen Platz haben. Dahinter ist unsere Wohnküche. Von hinten gesehen ist auf der linken Seite eine Sitzbank, die in ein Bett verwandelt werden kann. In der "Kiste" unter der Bank ist neben dem Werkzeug, dem Zubehör für die Winsch, dem Kompressor und dem Wagenheber Platz für unsere Sanitärartikel und unsere Kleider. Auf der rechten Seite ist ganz hinten der Herd, der so konstruiert ist, dass man ihn (zumindest bei günstiger Windrichtung) zur Benutzung herausklappen kann. Darunter haben wir unsere haltbaren Lebensmittel, die Gewürze und das Gemüse verstaut. Davor (also in Richtung Fahrerkabine) ist eine kleine Arbeitsfläche, unter der ist hinter einer Klappe, die als Tisch dienen kann, das Geschirr und der zusätzliche Wasservorrat. Darunter passen Pfanne und Töpfe und die Spülschüssel in ein kleines Fach. Neben der Arbeitsfläche ist die kleine Spüle (mit elektrischer Wasserpumpe) und daneben, direkt hinter dem Fahrersitz, die Kühlbox, in der wir die frischen Lebensmittel und den Tagesbedarf an Kaltgetränken haben. Unter der Kühlbox ist noch Platz für die Markise, den Wasserschlauch, das Stromkabel, Wäscheklammern und Handfeger mit Schaufel. Darüber ist die Schlafkabine, die allerdings vor der Benutzung erst eingerichtet werden muss. Sie hat eine Breite von etwa 1,20 und eine lichte Höhe von 50 cm, wir schlafen in Schlafsäcken mit dem Kopf nach vorne.
Das Unternehmen, von dem wir geliehen haben, heißt Travel Car Centre (TCC). Es wurde gegründet und wird betrieben von den beiden Schweizern Bruno Frischknecht und Chris Boller und hat seinen Hauptsitz in Sydney, sowie Niederlassungen in Perth, Brisbane und Darwin. Die beiden haben angefangen, indem sie gebrauchte Landcruiser gekauft und rudimentär ausgestattet haben. Zu Anfang bestand die Ausstattung aus einer Kühlbox, Fliegennetzen an den Seitenfenstern und zwei riesigen Schubladen von der Hecktür bis zu den Vordersitzen (oder bis zur Rückbank bei der fünfsitzigen Variante). Später kamen dann Autos mit Rooftent, einem Zelt, das auf den Dachgepäckträger montiert ist und aufgeklappt wird, dazu und inzwischen ist unser Modell mit festem Hochdach (genannt Bushcamper) das beliebteste Fahrzeug. Neu im Programm der 4WD-Fahrzeuge bei TCC ist ein fünfsitziger Toyota Hilux mit großem Rooftent. Bruno und Chris sind speziell auf Langzeitvermietung eingerichtet, zumindest mit ihren 4WD-Fahrzeugen und sie haben auch keinerlei Beschränkungen, was die Straßen betrifft. Was man sich zutraut, darf man fahren. Der Service ist erstklassig, ein kostenfreier Anruf in Sydney genügt und die Hilfe kommt ins Rollen.
Immer wieder wechselt die Bewölkung. Gestern beim Abendessen zogen dichte Wolken auf, drei Stunden später war der Himmel wieder völlig klar und heute Morgen kamen die Wolken wieder, um uns den ganzen Tag über als lockere Bewölkung zu begleiten. Der Wind hat gestern Abend von einer leichten Brise aufgefrischt und heute zeitweise und in Böen Sturmstärke erreicht. Heute Abend hat er sich wieder fast ganz zur Ruhe begeben.
Wir sind heute Nacht in Marble Bar, laut Guinness Buch der Rekorde "Australia's hottest town". Der Caravan Park bietet fast nichts, dafür ist er ziemlich teuer, teurer jedenfalls als der Platz in Coral Bay direkt am Strand und mit guter Camp Kitchen.

Mittwoch, 27. März 2013
In drei Monaten - oder 92 Tagen - müssen wir unser derzeitiges Quartier schon wieder abgeben. Schon gut, es sind ja noch drei Monate, mehr als die Hälfte. Andere sind nur vier Wochen hier, da können wir nicht klagen. Will ich ja auch nicht, ich habe es eben nur festgestellt. Sind wir denn überhaupt schon weit genug für die Halbzeit?
Heute bleiben wir hier im Karijini, sogar ganz in der Nähe unseres Camps. Der Dales Gorge bietet genug Abwechslung für einen Tag, naja, eigentlich für einen halben Tag, aber wir schaffen es, einen draus zu machen. Der Gorge, also das Bett, das der Fluss Dales sich gegraben hat, bietet hier drei Möglichkeiten zum Schwimmen und einen Wasserfall (Circular Pool, weil er kreisrund ist, am einen Ende, Fern Pool am anderen und dazwischen Fortescue Falls und Pool). Da er unter anderem von einer Quelle gespeist wird, führt Dales ganzjährig reichlich Wasser und der Wasserfall ist richtig laut. Der Weg unten am Flussbett entlang ist als Kategorie 4 (von sechs, wobei  6 mit Abseiling, also Klettern mit Material, ist) gekennzeichnet, er erfordert also einiges an Kondition und an Ausdauer (3km, allow 2 hours). Zwei Mal müssen wir umkehren und es an einer anderen Stelle versuchen. Beim ersten Fehlversuch geraten wir in ein Nebental, das fällt mir auf, weil das Wasser in unsere Gehrichtung fließt, wir wollen eigentlich flussaufwärts unterwegs sein. Das Tal ist dicht bewachsen mit Paperbarks, die hier sehr hoch aufgeschossen sind und River Redgums. Dazwischen ist dichtes Unterholz und Röhricht. Paperbarks sehen so aus wie sie heißen: Ihre Rinde fühlt sich an wie (nicht holzfreies) Papier und fällt in großen Fetzen auf den Boden. Dort sieht es dann aus, als habe jemand eine Zeitung liegen lassen, die vom Wind in der Gegend verstreut wurde. An manchen Stellen reicht das Wasser bis an die steil hochwachsenden, dunkelroten Flanken des Gorge, so dass der Weg auf der anderen Seite des Flusses weitergehen muss. So ist es bei unserem zweiten Fehlversuch. Auch hier heißt es zurückgehen und suchen, wo der eigentliche Weg ist.
Auch meine Stiefel liegen so langsam in den letzten Zügen, die Sohlen lösen sich ab.  Ich habe mir schon vor einiger Zeit abgewöhnt, zur Fahrt die Stiefel anzuhaben, um sie für Wanderungen zu schonen. Denn es war schon klar, als wir angereist sind, dass sie Australien nicht wieder verlassen müssen, aber dass jetzt schon bald Schluss ist, ist schade.
Wir fahren aber doch heute. Einmal zum Visitor Centre und zurück, das reicht hoffentlich, um die Batterie für den Kühlschrank für heute Nacht wieder aufzuladen. Außerdem braucht der Laptop eine Batterieauffrischung.

Dienstag, 26. März 2013
Those we love don't go away
They walk beside us every day.

Ein schöner Spruch, leider weiß ich nicht, von wem er ist.
Niemand stört uns in dieser Nacht, wir sind alleine und es scheint auch nahezu keinen Verkehr auf der Nanutarra Wittenoom Road zu geben. Viele Vogelstimmen haben uns gestern Abend in die Dunkelheit hineinbegleitet und sie begleiten unser Frühstück. Ab und zu lassen die Vögel sich auch sehen: Galahs, Budgerigars, Zebrafinken (bei den lokalen People heißen sie Nyiwari (gesprochen niewari mit kehligem „a“, das klingt viel schöner. Im Red Centre heißen sie Nyiinyii (gesprochen nie- inie-i)), Minor und andere. Dichter, etwa 1 m hoher Bewuchs aus Gras und Stauden versperrt den Weg zur Seite weg vom Campground.
Immer wieder halten wir an um zu fotografieren, um uns etwas anzusehen, um Tiere zu beobachten. Ein Dingo nutzt die durch unsere Anwesenheit bescherte Ruhe vor Raubvögeln und tut sich an einem am Rand liegenden Aas gütlich.
Die Straße führt uns am Hardey River entlang, entsprechend grün ist es noch immer. Besonders schön finde ich den Gegensatz zwischen den hellgrünen Blättern und den leuchtend weißen Stämmen der River Redgums, die bedingt durch das viele Wasser, hier in Massen zu finden sind. Rechts und links von uns sind Berge, wenn es regnet, bleibt dem Regenwasser also gar nichts anderes übrig als zum Hardey zu fließen - mit den entsprechenden Folgen für das flache Land rechts und links des Flusses. Überschwemmungen sind hier in der hinter uns liegenden Regenzeit wohl an der Tagesordnung.
In Tom Price, einem ebenfalls noch jungen Bergbauort, bleiben wir etwas länger und sehen uns ein wenig um. Eigentlich gibt es nichts zu sehen, das ist so in diesen Orten. Allerdings haben sie einen sehr schönen Park mit vielen verschiedenen Bäumen. Überhaupt merkt man auch hier, dass an Wasser zumindest zeitweise kein Mangel herrscht.
Im benachbarten Karijini NP übernachten wir. Ich hatte Bedenken, ob es genug Platz gibt, aber es erweist sich, dass sie hier auf viel mehr Besucher eingerichtet sind, als heute ankommen. Nur zwei der sechs zur Verfügung stehenden "Loops" sind überhaupt freigegeben. Am kommenden Wochenende wird es wohl voll werden. Das meint zumindest die Mitarbeiterin im Visitor Centre, bei der wir unseren Camping Fee bezahlen. Der Platz, auf dem wir stehen, hat die Nummer 81!
DEC sucht ein Ehepaar als Host (als Volunteer natürlich) für den April hier in Karijini. Wenn wir nicht schon andere Verabredungen getroffen hätten, wären wir sehr versucht gewesen, zumindest mal anzufragen, ob sie uns nehmen würden.

Montag, 25. März 2013
1890 havarierte vor der Küste von Cape Range der Frachter "Mildura" mit 400 Kühen und 60 Personen an Bord. Drei Menschenleben gingen verloren und fast alle Rinder  haben das Unwetter nicht überlebt. Dieses Ereignis führte dazu, dass 1894 ein Leuchtturm errichtet wurde. 1942 nahmen die Amerikaner hier an der Küste eine U-Boot-Versorgungsstation in Betrieb. Als Folge mussten die Australier eine Radarstation mit zugehörigen Abwehreinrichtungen errichten, die 1943 sogar Ziel eines japanischen Fliegerangriffs war. Im gleichen Jahr zogen die Amerikaner wieder ab, die Radaranlage blieb stehen und diente nach dem Krieg Qantas als Navigationshilfe. 1987 wurde der Leuchtturm außer Betrieb genommen, zu seinen Füßen wurde ein Caravan Park eingerichtet, der Manager wohnt im ehemaligen Leuchtturmwärterhaus. Das war der Beginn von Exmouth, es handelt sich also um eine sehr junge Stadt. Seinen Auftrieb fand der Ort, als vor der Küste Öl gefunden wurde. Heute ist es eine aufstrebende Ansiedlung, in der heute, am Montag, sogar reger Betrieb herrscht.
Wie nicht anders möglich fahren wir nach Osten. Wieder geht es vorbei an den Termitennestern zum Australien umrundenden Hwy 1 und weiter in Richtung Tom Price im Osten. Immer wieder sehen wir Emus, sogar ein Känguru, und majestätische Adler (wedge tailed eagle), die auf der Suche nach Beute oder Aas sind. Nur bleiben sie nicht, wenn sie mich sehen, sondern drehen weiter weg ihre Kreise. Schon gar nicht bleiben sie am Boden, wenn sich ihnen jemand nähert - ihre Fluchtdistanz ist leider sehr groß.
Je weiter wir uns von der Küste entfernen, desto grüner wird es. Saftiges Gras, grüne Büsche und darüber mittelhohe Akazien und Eukalypten bestimmen das Bild.
Wir stehen auf einem großzügig angelegten Parkplatz mit Toiletten direkt an der Querung des House Creek. Wunderschöne River Redgums breiten über uns ihr dünnes Blätterdach aus, viele Vögel sind zu hören und, wie üblich, kaum zu sehen. Mich wundert, dass hier das Campen ausdrücklich erlaubt ist. Eigentlich soll man ja nicht im Flussbett oder direkt daneben stehen bleiben, aber hier geht es, denn es hat seit Tagen nicht geregnet und der Wetterbericht ist auch sehr zuversichtlich (zumindest war er das am Samstagabend). Der blaue Himmel lässt auch nichts Böses ahnen, nur der Wind ist ein wenig seltsam, aber das ist auch schon seit Perth so. Er legt sich im Verlauf des Abends auch fast ganz.

Sonntag, 24. März 2013
Nach dem Frühstück schicke ich Geburtstagsmails los. Die Verbindung ist gut und mein Credit läuft am Montag aus, das nutze ich noch aus. Außerdem poste ich ein Bild in Facebook.
Auf dem Weg nach Norden wird der Bewuchs immer dünner. Mitchellgras, allerdings saftig grün und voller Samen, und Termitennester, das war's dann auch schon. Je mehr Termitenhügel, desto weniger Bäume - ob da ein Zusammenhang besteht? Die Termitenhügel sind aber auch sehenswert, unglaublich die baumeisterliche Tätigkeit, vor allem, wenn man sich die Größe der Arbeiter vor Augen hält. Nur so groß wie Ameisen… Bei den hier aktiven Spinifex-Termiten sind die Arbeiter etwa 7 mm lang und, soweit wir es wissen, blind und taub. König und Königin verlieren nach dem Hochzeitsflug ihre Flügel (je vier) und leben dann im sicheren inneren Teil des Baus. Sie werden bis zu 30 Jahre alt. Die Termitenhügel sind aus Sand, das Baumaterial ist der Abfall aus der unterirdischen Anlage. Nun ja, im Vergleich zu einer Termite ist so ein Sandkorn schon sehr groß. Aber wirklich verblüffend ist die Härte der Hügel. Ich könnte problemlos daran hochklettern, ohne dass dem Hügel auch nur das Geringste anzusehen wäre. Buschbrände überstehen die Hügel und ihre Bewohner ebenfalls ohne Schaden zu nehmen. Für mich das Erstaunlichste aber ist die Haltbarkeit gegenüber den im Sommer wirklich sintflutartigen Regenfälle, die im Gefolge der Zyklone über dem Land niedergehen, und die daraus resultierenden massiven Überschwemmungen. Wie schaffen die Termiten das? Vielleichtkönnten wir Menschen davon lernen? Hunderte und Aberhunderte Termitenhügel stehen rechts und links des Weges. Ich versuche, sie wenigstens auf einem Kilometer zu zählen, an manchen Stellen gelingt es nicht - es sind zu viele. Die Termiten haben ein "Sprayer"-Problem: Gerade die auffälligsten der Termitenhügel sind Sprühern zum Opfer gefallen. Doch während anderswo die Sprayer teils hochwertige Kunst abliefern, zeugen die primitiven Schmierereien an den Termitenhügeln von der Intelligenz der Erzeuger. Ein solches Nest hat rund 1.000.000 Bewohner, 8.000 solcher Nester stehen hier sicherlich rum - und schon haben wir auf diesem kleinen, kahlen Fleck der Erde, einer nur hier bekannten Halbinsel, mehr Termiten als es Menschen auf dem ganzen Planeten gibt. Sie werden uns überleben.
In Exmouth merke ich zum ersten Mal, dass wir in den Tropen sind: Die Luftfeuchtigkeit ist höher, eine leichte Schwüle ist spürbar. Ansonsten sieht man nichts von den Zyklonen der vergangenen Saison. Im neuen Marina-Gebiet steht ein Rohbau, ganz aus Metall, wie früher ein Fachwerkbau. Die Wandverkleidungen fehlen noch, man kann durchsehen. An einer anderen Stelle wird anders gebaut, da sind schon fertige Wände errichtet, dafür fehlt der Dachstuhl. Auf jeden Fall wesentlich leichter als bei uns, bei uns gäbe es für solche Bauweise keine Genehmigung.
Im Cape Range NP suchen und finden wir einen Platz für die Nacht. Der Wind, der die Wärme sehr angenehm macht, aber nervt, führt dazu, dass ich heute im Auto kochen muss.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen